Erste
Erfolge bei der Rettung der Wechselkröten in Hötting-West
Adulte Wechselkröte (Epidalea viridis) |
Die
bis vor 15 Jahren stabile Wechselkröten-Population in Hötting-West wurde durch Bautätigkeiten und die intensivierte Landwirtschaft in den Gemüsefeldern
westlich der Siedlungen zunehmend reduziert. Dramatische Einbrüche bewirkte jedoch die über sieben Jahre andauernde Deponietätigkeit beim Harterhof.
Überschwemmte Gemüsefelder sind der bevorzugte Laichplatz der Wechselkröten,
wobei der Reproduktionserfolg von Regenfällen und der Intensität der
Bewirtschaftung abhängt. Der Lebensraum außerhalb der Laichzeit konzentriert
sich auf die warmen Hänge westlich und nördlich der Felder. Während der Deponietätigkeit
entstanden zeitweise Ruderalflächen, die
für Wechselkröten besonders attraktiv sind. Da diese neuen Flächen immer wieder
überschüttet und planiert wurden, dürften vor allem im Winter viele Tiere
begraben worden sein.
posted by Rudolf Hofer
„Dein
NachbarLohbach“ bemüht sich, den Bestand der in Hötting-West vom Aussterben bedrohten
Wechselkröten-Population zu retten. So wurden die wenigen vom Vertrocknen oder
von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bedrohten Laichschnüre oder
Kaulquappen geborgen und in den Folientümpeln am Lohbach mit wechselndem Erfolg
aufgezogen. Im heurigen Jahr waren diese Bemühungen erfolgreicher:
Im
Juni wurden viele Kaulquappen kurz vor dem Umpflügen der Felder gefangen und
die in Folientümpel gesetzt. Dort traten allerdings große Verluste durch
Libellenlarven und zahlreiche Ringelnattern auf. Ringelnattern wurden täglich
eingefangen und in den nördlichen Teil
des Lohbachs transferiert, wo viele Erdkröten-Kaulquappen lebten. Insgesamt
waren es etwa 30 (Wieder)fänge von ein- bis zweijährigen Ringelnattern. Trotz
hoher Verluste haben es doch etliche Jungkröten geschafft.
In
den letzten Juni- oder ersten Julitagen laichte ein Paar der Wechselkröten
erstmalig in den schon seit Jahren
bestehenden Folienteichen ab. Laichschnüre
der Wechselkröten enthalten 5.000-10.000
Eier. Um den Räuberdruck in den Teichen zu reduzieren, wurden die
Libellenlarven weitgehend herausgefischt, wobei in den drei Folienteichen auf
einer Wasserfläche von insgesamt 9 m2 über 800 Libellenlarven
unterschiedlicher Größe gefangen wurden.
Kaulquappe der Wechselkröte. Die Nahrung wird mit dem Raspelmaul aufgenommen |
Die
normale Laichzeit der Wechselkröten im Inntal erstreckt sich von Mai bis Juni, frischer
Laich Anfang Juli wird aber auch in der Literatur erwähnt. Leider war der Juli
nicht allzu warm, der August sogar ungewöhnlich kühl und die erste
Septemberwoche kalt. Kaulquappen der Wechselkröten brauchen für ihre
Entwicklung Wassertemperaturen zwischen 20 und 30 °C, was im August oft nicht
erreicht worden ist.
Unter günstigsten
Bedingungen (geringe Larvendichte, hohe Temperaturen und optimale Ernährung)
kann die Entwicklung bereits nach sechs Wochen abgeschlossen sein. Unter „Normalbedingungen“
dauert die Entwicklung 8-10 Wochen. Im vorliegenden Fall waren die
Temperaturverhältnisse sehr ungünstig und auch die Larvendichte sehr hoch. Eine
zu hohe Dichte führt zu unterschiedlichen Wachstumsraten, indem kleinere Individuen
unterdrückt werden – und das nicht nur durch die Nahrungskonkurrenz. Ein
unterschiedliches Wachstum war auch im vorliegenden Fall zu beobachten.
Portrait einer Wechselkröte am Höhepunkt der
Metamorphose. Die Maulspalte ist noch klein und nicht
zur Nahrungsaufnahme fähig. Für die Atmung werden
noch die Kiemen eingesetzt.
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Es
wurde versucht, die suboptimalen Bedingungen durch massive Fütterung
auszugleichen (bei der hohe Larvendichte hätten die natürlichen
Nahrungsressourcen in den kleinen Tümpeln ohnehin bei weitem nicht
ausgereicht). Schätzungsweise konnten zwischen
1.500 und 2.000 Kaulquappen aufgezogen werden, die zum Schluss an den wenigen
warmen Tagen jeweils 600g Katzenfutter und 300g blanchierten Löwenzahl
vertilgten.
Am
22. August, also nach acht Wochen Entwicklung, wurden die ersten fertigen
Jungkröte gesichtet und sehr viele der Kaulquappen hatten bereits zwei bzw.
vier Beine. Das besonders kalte Wetter Ende August/Anfang September bremste die
weitere Entwicklung massiv ein. Gerade zum Höhepunkt der Metamorphose wären
hohe Temperaturen wichtig. Dank des energiereichen Nahrungsangebotes erreichten
die Jungkröten mit 16 mm zumindest eine optimale Körpergröße (in der Literatur
werden Körperlängen von 10-16 mm angegeben).
Die fertig entwickelte junge Wechselkröte bleibt noch
einige Zeit am Gewässerrand und ist tagaktiv. Erst
etwas später wird wird sie dämmerungs- und nachtaktiv.
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Erst nach insgesamt 12 Wochen schaffte
es zumindest ein Großteil der Tiere, die Entwicklung abzuschließen und an Land
zu gehen. Die Gefahr besteht, dass durch die späte Metamorphose im September
nicht ausreichend Zeit bleibt, genügend Reserven anzufressen, um den langen
Winter zu überstehen.
Dank
einer Einigung mit den Grundbesitzern können im nächsten Jahr am Südhang der
Deponie weitere kleine Folienteiche angelegt werden, die auf Grund der sonnigen
Lage vermutlich besser von den Wechselkröten angenommen werden als die
bisherigen. Daher ist „Dein NachbarLohbach“ zuversichtlich, dass sich bei Fortsetzung
der Bemühungen die unter Naturschutz stehenden Wechselkröten in Hötting-West
wieder langsam erholen.
Alle Bilder focusnatura.at