Dienstag, 16. September 2014

Wechselkröten

Erste Erfolge bei der Rettung der Wechselkröten in Hötting-West

Adulte Wechselkröte (Epidalea viridis)
Die bis vor 15 Jahren stabile Wechselkröten-Population in Hötting-West wurde durch Bautätigkeiten und die intensivierte Landwirtschaft in den Gemüsefeldern westlich der Siedlungen zunehmend reduziert. Dramatische Einbrüche bewirkte jedoch die über sieben Jahre andauernde Deponietätigkeit beim Harterhof. Überschwemmte Gemüsefelder sind der bevorzugte Laichplatz der Wechselkröten, wobei der Reproduktionserfolg von Regenfällen und der Intensität der Bewirtschaftung abhängt. Der Lebensraum außerhalb der Laichzeit konzentriert sich auf die warmen Hänge westlich und nördlich der Felder. Während der Deponietätigkeit  entstanden zeitweise Ruderalflächen, die für Wechselkröten besonders attraktiv sind. Da diese neuen Flächen immer wieder überschüttet und planiert wurden, dürften vor allem im Winter viele Tiere begraben worden sein. 
                                                                                                                          posted by Rudolf Hofer

„Dein NachbarLohbach“ bemüht sich, den Bestand der in Hötting-West vom Aussterben bedrohten Wechselkröten-Population zu retten. So wurden die wenigen vom Vertrocknen oder von der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung bedrohten Laichschnüre oder Kaulquappen geborgen und in den Folientümpeln am Lohbach mit wechselndem Erfolg aufgezogen. Im heurigen Jahr waren diese Bemühungen erfolgreicher:
Im Juni wurden viele Kaulquappen kurz vor dem Umpflügen der Felder gefangen und die in Folientümpel gesetzt. Dort traten allerdings große Verluste durch Libellenlarven und zahlreiche Ringelnattern auf. Ringelnattern wurden täglich eingefangen und  in den nördlichen Teil des Lohbachs transferiert, wo viele Erdkröten-Kaulquappen lebten. Insgesamt waren es etwa 30 (Wieder)fänge von ein- bis zweijährigen Ringelnattern. Trotz hoher Verluste haben es doch etliche Jungkröten geschafft.

In den letzten Juni- oder ersten Julitagen laichte ein Paar der Wechselkröten erstmalig  in den schon seit Jahren bestehenden Folienteichen ab. Laichschnüre der Wechselkröten enthalten  5.000-10.000 Eier. Um den Räuberdruck in den Teichen zu reduzieren, wurden die Libellenlarven weitgehend herausgefischt, wobei in den drei Folienteichen auf einer Wasserfläche von insgesamt 9 m2 über 800 Libellenlarven unterschiedlicher Größe gefangen wurden.

Kaulquappe der Wechselkröte. Die Nahrung wird mit dem Raspelmaul aufgenommen
Die normale Laichzeit der Wechselkröten im Inntal erstreckt sich von Mai bis Juni, frischer Laich Anfang Juli wird aber auch in der Literatur erwähnt. Leider war der Juli nicht allzu warm, der August sogar ungewöhnlich kühl und die erste Septemberwoche kalt. Kaulquappen der Wechselkröten brauchen für ihre Entwicklung Wassertemperaturen zwischen 20 und 30 °C, was im August oft nicht erreicht worden ist.  

Wechselkröte am Höhepunkt der Metamorphose. Kopf, Verdauungs-
und Atemorgane werden  komplett umgebaut. Die Energie dafür wird 
durch den Abbau des Ruderschwanzes gewonnen. Aus einem Allesfresser 
wird ein Fleischfresser.
Unter günstigsten Bedingungen (geringe Larvendichte, hohe Temperaturen und optimale Ernährung) kann die Entwicklung bereits nach sechs Wochen abgeschlossen sein. Unter „Normalbedingungen“ dauert die Entwicklung 8-10 Wochen. Im vorliegenden Fall waren die Temperaturverhältnisse sehr ungünstig und auch die Larvendichte sehr hoch. Eine zu hohe Dichte führt zu unterschiedlichen Wachstumsraten, indem kleinere Individuen unterdrückt werden – und das nicht nur durch die Nahrungskonkurrenz. Ein unterschiedliches Wachstum war auch im vorliegenden Fall zu beobachten.

Portrait einer Wechselkröte am Höhepunkt der
Metamorphose. Die Maulspalte ist noch klein und nicht
zur Nahrungsaufnahme fähig. Für die Atmung werden
noch die Kiemen eingesetzt.
Es wurde versucht, die suboptimalen Bedingungen durch massive Fütterung auszugleichen (bei der hohe Larvendichte hätten die natürlichen Nahrungsressourcen in den kleinen Tümpeln ohnehin bei weitem nicht ausgereicht).  Schätzungsweise konnten zwischen 1.500 und 2.000 Kaulquappen aufgezogen werden, die zum Schluss an den wenigen warmen Tagen jeweils 600g Katzenfutter und 300g blanchierten Löwenzahl vertilgten.
Am 22. August, also nach acht Wochen Entwicklung, wurden die ersten fertigen Jungkröte gesichtet und sehr viele der Kaulquappen hatten bereits zwei bzw. vier Beine. Das besonders kalte Wetter Ende August/Anfang September bremste die weitere Entwicklung massiv ein. Gerade zum Höhepunkt der Metamorphose wären hohe Temperaturen wichtig. Dank des energiereichen Nahrungsangebotes erreichten die Jungkröten mit 16 mm zumindest eine optimale Körpergröße (in der Literatur werden Körperlängen von 10-16 mm angegeben). 

Die fertig entwickelte junge Wechselkröte bleibt noch
einige Zeit am Gewässerrand und ist tagaktiv. Erst
etwas später wird wird sie dämmerungs- und nachtaktiv.
Erst nach insgesamt 12 Wochen schaffte es zumindest ein Großteil der Tiere, die Entwicklung abzuschließen und an Land zu gehen. Die Gefahr besteht, dass durch die späte Metamorphose im September nicht ausreichend Zeit bleibt, genügend Reserven anzufressen, um den langen Winter zu überstehen.

Dank einer Einigung mit den Grundbesitzern können im nächsten Jahr am Südhang der Deponie weitere kleine Folienteiche angelegt werden, die auf Grund der sonnigen Lage vermutlich besser von den Wechselkröten angenommen werden als die bisherigen. Daher ist „Dein NachbarLohbach“ zuversichtlich, dass sich bei Fortsetzung der Bemühungen die unter Naturschutz stehenden Wechselkröten in Hötting-West wieder langsam erholen.

Alle Bilder focusnatura.at