Eingeschleppte Tiere und ihre Auswirkungen auf Natur und Landwirtschaft
Seit der Entdeckung
Amerikas (1492) wurden vom
Menschen mit oder ohne Absicht Tiere aus fremden Ländern eingeschleppt
(Neozoen). In Österreich gibt es über 500 Neozoen (= 1% der heimischen Fauna),
wobei 46 Arten als invasiv oder potentiell invasiv gelten (breiten sich
explosionsartig aus). Etwa 30% der Neozoen haben einen ökonomisch oder ökologisch
negativen Einfluss. Entweder haben diese Arten in ihrer neuen Heimat kaum
Feinde, werden durch Monokulturen begünstigt oder finden Nischen vor, in denen
sie gegenüber heimischen Arten überlegen sind und diese verdrängen. Der Rest
fügt sich problemlos in die heimische Fauna ein und ist als Bereicherung
zu sehen.
Daneben gibt es Arten, die z.B. auf Grund der Klimaerwärmung ihr Verbreitungsgebiet auf natürliche Weise erweitern – sie gelten NICHT als Neozoen.
Foto focusnatura |
Foto wikipedia |
Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata):
Links Larve, rechts Käfer
Die Kartoffel wurde Mitte des 16. Jhs. von Südamerika nach Spanien
gebracht und von dort weltweit verbreitet, u.a. auch nach Nord-Amerika. In
Colorado gab es einen harmlosen Käfer, der lokale Nachtschattengewächse fraß.
Mit der Verbreitung der Kartoffel wechselte er auf diese verwandte Art – Ernteschäden
waren die Folge. Um 1877 wurde dieser Käfer, heute als Kartoffelkäfer bekannt,
nach Europa verschleppt, wo er für Ernteausfälle und nach dem 2. Weltkrieg für
lokale Hungersnöte mit verantwortlich war. Die gelb-schwarze Warnfarbe des
Käfers und die leuchtend rote Farbe seiner Larve signalisieren seine
Ungenießbarkeit. Daher hat er kaum Feinde.
Farbvariationen des Asiatischen Marienkäfers. Foto wikipedia |
Der Asiatische Marienkäfer oder Harlekin-Marienkäfer (Harmonia
axyridis) stammt aus Ostasien und
wurde Ende des 20.Jhs. zur biologischen Schädlingsbekämpfung in
Glashäusern nach Europa gebracht. In Österreich wurde er 2006 zum ersten Mal in
freier Natur entdeckt und hat sich seither weiter ausgebreitet - an manchen
Orten tritt er bereits massenhaft auf. Außer Baumwanzen hat er keine Feinde, da
ihn sein bitteres, giftiges Blut schützt, das er bei Gefahr abscheidet. Seine
Färbung ist sehr variabel, meist mit einer W-förmigen Zeichnung am Halsschild.
Der Asiatische Marienkäfer ist ein gefräßiger
Blattlausjäger, verschmäht aber auch andere Insekten nicht und verdrängt
heimische Marienkäfer-Arten. Er hat sich inzwischen zu einem Schädling
entwickelt. Wenn im Herbst seine natürliche Nahrung ausgeht, vergreift er sich
an Obst und Beeren. Zur Zeit der Weinlese suchen die Marienkäfer zwischen den
Trauben Schutz vor Wettereinflüssen. Je nach Rebensorte können bereits 1-5
Käfer, die pro Kilogramm Trauben mit verarbeitet werden, zu geschmacklichen
Qualitätseinbußen beim Wein führen.
Foto focusnatura |
Foto wikipedia |
Die Rosskastanien-Miniermotte (Cameraria ohridel) wurde erst 1984 in Mazedonien entdeckt, in den
späten 80er Jahren tauchte sie erstmals in Oberösterreich auf. Während sie im
Ursprungsland kaum auffällig ist, verursacht sie in Mitteleuropa bei der
weißblütigen Rosskastanie massive Schäden an den Blättern, so dass diese
bereits im Sommer partiell verdorren und einen herbstlichen Eindruck
hinterlassen. Die Raupen der 5 mm großen Motte minieren im Inneren des Blattes,
wo sie sich schließlich verpuppen und erst als Motte das Blatt verlassen. Pro
Jahr entwickeln sich 3-4 Generationen, wobei die letzte als Puppe im Laub überwintert.
Zur Bekämpfung muss das Laub ganzjährig eingesammelt und verbrannt oder in
kommerziellen Kompostieranlagen entsorgt werden (eine Gartenkompostierung
reicht nicht aus). Der Baum überlebt den Befall, wird aber geschwächt.
Foto wikipedia |
Der Maiswurzel-Bohrer (Diabrotica
virgifera) stammt aus
Zentralamerika und breitet sich seit den 90er Jahren in Europa aus, in
Österreich seit 2002. Ein isoliertes Vorkommen in Tirol konnte inzwischen
erfolgreich bekämpft werden. Die Larven dieses Blattkäfers fressen und schädigen
die Maiswurzeln und vermindern so den Wasser- und Nährstofftransport,
begünstigen Infektionen und vermindern zuletzt die Standfestigkeit des Mais.
Die Schäden können beträchtlich sein. Die Käfer fressen an den oberirdischen
Teilen und schädigen die Blüten. Neben biologischer (Nematoden) und chemischer
Bekämpfung (z.B. Beizen des Saatgutes mit
Clothianidin) erweist sich eine dreijährige Fruchtfolge als die schonendste und
wirkungsvollste Methode.
Elektronenoptische Aufnahme einer Milbe (wikipedia) |
Befallene Bienenpuppe (wikipedia) |
Die Varroa-Milbe (Varroa
destructor) wurde 1977 mit asiatischen Honigbienen zu Forschungszwecken nach Deutschland eingeschleppt.
Während die asiatische Honigbiene mit diesem Parasiten zurecht kommt, führte
der Befall bei europäischen Bienenrassen zu seuchenartigen Bienensterben. Neben
der direkten Wirkung auf Bienen wird vor allem die Übertragung von Viren und
Sekundärinfektionen und die Schwächung der Tiere für das Sterben
verantwortlich gemacht. Vermehrung und Entwicklung der Milben findet in der
verdeckelten Bienenbrut statt. Die Milben verstecken sich in der Brutwabe und
beginnen erst nach deren Verdeckelung die Bienenpuppe anzustechen und Blut zu
saugen. Aus dem ersten, unbefruchteten Ei entwickelt sich ein Männchen, aus den
4-5 befruchteten Eiern Weibchen. Die Begattung zwischen den Geschwistern findet
noch in der Brutzelle statt. Wird die Bienenpuppe mit einem Virus infiziert,
schlüpft eine verkrüppelte, nicht lebensfähige Biene. Im Winter, wenn keine
Brut aufgezogen wird, saugen die Milben an erwachsenen Bienen.
Foto focusnatura |
Von der
braun bis rot gefärbten Spanischen Wegschnecke (Arion lusitanicus)
kann wohl jeder Gartenbesitzer ein „Lied singen“. Die ursprünglich auf der
Iberischen Halbinsel und in Westfrankreich beheimatete Nacktschnecke wurde
durch Pflanzenimporte aus Spanien ins restliche Europa verschleppt und hat sich
dort rasch ausgebreitet. In Österreich ist sie 1972 zum ersten Mal aufgetaucht. Als
mediterrane Art ist sie trockenheitsresistenter als heimische Nacktschnecken und
vermehrt sich bei feuchtwarmem Wetter explosionsartig. Dabei verdrängte sie die
ähnlich aussehende heimische Rote
Wegschnecke (Arion rufus). Der klebrige, bittere Schleim macht sie für
heimische Tiere wenig attraktiv. Nur indische Laufenten finden an ihr Gefallen.
Foto focusnatura |
Der Goldfisch
(Carassius auratus), eine Mutante der Silberkarausche, wird seit
fast 1.000 Jahren in China gezüchtet. Im 17. Jh. wurden Goldfische als erste
„Zierfische“ in Europa eingeführt. Seither werden sie in Aquarien und Teichen
gehalten und bewirken in der Natur eine Verarmung der heimischen Tierwelt. So leiden
auch Frösche und Molche darunter, deren Larven dezimiert oder gänzlich gefressen
werden. Goldfische sind bestens an die Bedingungen im Tümpel angepasst, vor
allem an die Sauerstoffzehrung im Winter. Durch Reduktion und Umstellung des
Stoffwechsels (u.a. wird Ethanol als Endprodukt frei) können sie bei tiefen
Temperaturen auch ohne Sauerstoff überleben. Einmal eingesetzt, sind sie aus
größeren Teichen kaum zu entfernen.
Bild: wikipedia |
Die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) wurde (ebenso wie der
Bachsaibling) 1879 von Nordamerika nach Europa gebracht. Die heutige
Regenbogenforelle ist ein Zuchtprodukt und der wichtigste Fisch in der Teichwirtschaft
in Mitteleuropa. Sie wurde häufig auch in Fließgewässern eingesetzt, um die
durch Gewässerregulierungen schwindenden Bachforellenbestände zu ersetzen. Die
Regenbogenforelle ist anspruchsloser in Bezug auf Wasserqualität und nicht auf
Unterstände angewiesen. In letzter Zeit ging man in renaturierten Gewässern
dazu über, den Besatz mit Regenbogenforellen zu untersagen und wieder heimische
Arten zu fördern. In den meisten Gewässern gibt es kein oder nur geringes
natürliches Aufkommen.
Foto wikipedia |
Da in
den 60er Jahren die Populationen der heimischen Edelkrebse durch die Krebspest
stark dezimiert worden sind, hat man den gegen diese Krankheit resistenten
nordamerikanischen Signalkrebs (Pacifastacus
leniusculus)
in Europa eingeführt (in Österreich im Jahr 2000). Allerdings erwies er sich
als Überträger dieser unheilbaren, tödlich verlaufenden Pilzkrankheit und
verdrängt die heimischen Restpopulationen. Der Signalkrebs ist am weißen Fleck
auf dem Gelenk der Scherenoberseite zu erkennen; er kann am Landweg neue
Gewässer erobern. Der Kamberkrebs ist eine weitere amerikanische Art, die in
Europa ausgesetzt worden ist.
Foto focusnatura |
Die Zebra-,
Dreikant- oder Wandermuschel (Dreissena polymorpha) wurde
während der Eiszeit aus Mitteleuropa verdrängt. Erst ab 1830 breitet sie sich
aus ihrem Refugialgebiet im Kaspischen und Schwarzen Meer mit menschlicher
Hilfe wieder nach Westen aus. Zebramuscheln heften sich mit Byssusfäden an
harte Oberflächen, so auch an Schiffskörper, und werden auf diese Weise entlang
von Schiffsrouten und durch private Boote auch in Seen verschleppt. Zusätzlich
verbreiten sie sich als Veligerlarve im Freiwasser. Neben der Verdrängung
heimischer Faunenelemente verursachen sie wirtschaftliche Schäden durch
Verstopfung von Wasserleitungen. Wasservögel und Fische sorgen für ihre
Dezimierung.