Im Herbst letzten Jahres waren die mehrere Jahre andauernden Aufschüttungen
an der Harterhof-Deponie in Hötting-West (Innsbruck) beendet. Nach der Pflanzung von Bäumen an den Abhängen im
heurigen Frühjahr hat
sich die Deponie mit vielen verschiedenen Ruderalpflanzen auf natürliche Weise
begrünt. Diese artenreiche
Pflanzengesellschaft aus unscheinbaren bis besonders attraktiven Blütenpflanzen hat den Hang jetzt im Sommer in ein duftendes Blütenmeer verwandelt.
Die bis 2m hohe, dicht filzige Großblütige Königskerze (Verbascum densiflorum, Fam. Braunwurzgewächse) verträgt
Trockenheit, ihre runzeligen Blätter leiten Regenwasser den Stängel entlang zu
den Wurzeln. In Hustenteemischungen wirken die getrockneten Blütenblätter
schleimlösend und lindern Reizhusten.
Die Raupen des Köngiskerzen-Mönchs (Cucullia verbasci) leben ausschließlich von Blättern verschiedener Königskerzenarten.
Nur Hummeln mit langem Rüssel gelingt die Bestäubung der Blüten des Echter
Beinwell (Symphytum officinale, Fam. Rauhblattgewächse). „Nektarräuber“ sind kurzrüsselige
Erdhummeln, die ein Loch in die Blütenhülle beißen und so zu den begehrten
Nektardrüsen gelangen.
Pflanzenjauche aus Brennesseln und Beinwell ist guter organischer
Stickstoffdünger.Die immergrüne, dicht zottig-weißfilzige Kronen-Lichtnelke (Silene coronaria, Fam. Nelkengewächse) ist eine beliebte Zierpflanze in Bauerngärten und wildert leicht aus. Sie gedeiht auf kargen Böden und erträgt zeitweise Trockenheit und Hitze.
Das Echte Johanniskraut
(Hypericum perforatum, Fam. Johanniskrautgewächse) enthält beruhigende ätherische Öle und Flavonoide, die
an der Synthese von Serotonin („Glückshormon“) beteiligt sind.
Johanniskrautpräparate wirken
therapeutisch bei leichten Depressionen.
Achtung: Johanniskraut erhöht die Lichtempfindlichkeit der Haut -
Sonnenbrandgefahr!
(Melilotus officinalis)
Rechts: Weißer Steinklee
(Melilotus albus)
Die nässe- und trockentoleranten Rohbodenpioniere (Knöllchenbakterien an
den Wurzeln binden Luftstickstoff) werden bis zu 2 m hoch.. Nektarreiche,
honigduftende Blüten sind eine beliebte Bienenweide und locken auch Schwebfliegen
und Schmetterlinge an.
Die 1,5 m hohe Ackerkratzdistel (Cirsium arvense, Fam. Korbblütler), eine Tagfalterpflanze, gilt als hartnäckiges Acker-, Weiden- und Gartenunkraut. Sie breitet sich über Wurzelknospen aus und treibt ein stark verzweigtes, bis 2,8 m tiefes Wurzelwerk, das den Winter überdauert
Die pollenreichen Blüten der Gewöhnliche
Kratzdistel (Cirsium vulgare, Fam. Korbblütler) locken Hummeln, Fliegen und Käfer an. Die
Pflanze ist Nahrung für die Raupen des Distelfalters. Sie wird 1,5 m hoch, vermehrt sich über
Samen, bildet eine Pfahlwurzel und keine Ausläufer.
Die roten Stängel der mächtigen Großen
Klette (Arctium lappa, Fam. Korbblütler) sind genießbar, die herzförmigen Blätter wurden
früher in Teig ausgebacken. Klettenwurzelgemüse, dem entzündungshemmende,
harntreibende, schweißtreibende und blutreinigende Eigenschaften zugeschrieben werden, schmeckt
süßlich. Zur Verbreitung verhängen sich reife Fruchtstände mit Widerhaken im
Fell von Tieren oder der Kleidung von Passanten. Früher wurden am 24. Juni, zu
Johanni, große Kletten im Stall aufgehängt, um das Vieh vor Krankheit und bösen
Geistern zu bewahren.
Die Pionierpflanze Berufkraut (Erigon
annuus, Fam. Korbblüter), seit dem 18. Jh. ein Neophyt aus Nordamerika, galt lange Zeit als Zierpflanze. Der Name
kommt vom mittelalterlichen „Berufen“, der Pflanze wurden Kräfte gegen das
Verhexen und gegen den „bösen Blick“ zugeschrieben. Sie wurde auch zum
Vertreiben vom Flöhen eingesetzt (englisch „fleabane“= Flohverbanner).
Die Gemeine Wegwarte (Cichorium
intybus, Fam. Korbblütler) führt leicht bitteren Milchsaft. In den Wurzeln speichert sie als
Reservekohlenhydrat Inulin, einen Ballaststoff, der die menschlichen Darmbakterien
ernährt. In der Pflanzenheilkunde gilt die Wegwarte als eine Pflanze, die Milz,
Leber und Galle stimuliert, Kneipp empfiehlt sie bei Magen-, Darm- und
Lebererkrankungen.
Kulturformen der Wegwarte sind Chicoree, Radicchio und Zichorienwurzel, aus
der der Zichorikaffee der Kriegs- und Nachkriegszeit gewonnen wurde und die auch heute in
„Kinderkaffee“ verarbeitet wird.
Der Gewöhnlicher
Dost (Origanum vulgare, Fam. Lippenblütler) ist eine alte Heil- und Würzpflanze mit aromatisch
duftenden Blättern und Blüten. Reich an ätherischen Ölen, Gerbstoffen und
Bitterstoffen, wird dem Oregano-Öl antibakterielle Wirkung zugesprochen.
Der über 1m große Stachel-Lattich (Lactuca serriola, Fam. Korbblütler), die Stammpflanze des Gartensalats (Lactuca sativa) führt bitteren Milchsaft, der für die Abwehr von Fressfeinden sorgt. Davon unbeeindruckt ist der Lattichmönch (Cucullia lactucae), dessen Raupe sich von den Blättern verschiedener Latticharten ernährt.
An der Basis der Deponie wachsen auch Feuchtigkeit liebende Arten, die am Ufer des Lohbachs zum Teil dichte Bestände bilden. Vor allem der Blutweiderich verwandelt das Ufer in leuchtendes Purpur.
Der leicht
wärmeliebende Gewöhnliche Blutweiderich
(Lythrum salicaria, Fam Weiderichgewächse) gedeiht auf nassen, zeitweise überschwemmten,
nährstoffreichen Böden. Die Blüten sind ergiebige Nektarspender für
Schwebfliegen, Schmetterlinge und Bienen. Jede Pflanze kann bis zu 3 Millionen
Samen bilden. Die Samen haben Schleimhaare, mit denen sie an Wasservögeln haften, die
weiträumig zur Verbreitung beitragen. Samentransport auch über Luft und Wasser.
In feuchten Streuwiesen, Auwäldern und Sumpfgebieten findet das Mädesüß oder die Spierstaude (Filipendula ulmaria, Fam. Rosengewächse) passende Bedingungen. Die Pflanze
enthält u.a. Salicylate und Flavonoide und wird in der Volksheilkunde als
mildes Fieber- und Schmerzmittel verwendet. Dem Tee aus Blüten und jungen
Blättern werden harntreibende, entzündungshemmende und antirheumatische
Eigenschaften zugeschrieben.
In Frankreich und Belgien werden die Blüten wegen ihres
Honig-Mandel-Geschmacks zum Aromatisieren von Süßspeisen und Wein
verwendet.
Das Zottige Weideröschen
(Epilobium hirsutum, Nachtkerzengewächse) hat einen sehr effektiven Fraßschutz: Das Vieh meidet
sogar das Heu wegen der Drüsenhaare und Nadelkristalle in den Zellen der
Blätter. Trotzdem ist es beliebtes Futter für verschiedene
Schmetterlingsraupen.
Das Nachtkerzengewächs ist häufig Bestandteil der Staudenfluren von Bächen
und in Feuchtwiesen.
Im und am Rand des Lohbachs wuchert der Bach-Ehrenpreis (Veronica beccabunga, Fam. Wegerichgewächse). Junge Blätter können als Gemüse oder Salat gegessen werden, sie enthalten viel Vitamin C. Vom Genuss des Bach-Ehrenpreises im Lohbach ist allerdings abzuraten.
Die Deponieböschungen werden auch von eingeschleppten Pflanzenarten (NEOPHYTEN) besiedelt. Etliche davon sind invasiv, d.h. sie sind außergewöhnlich erfolgreich und verdrängen heimische Pflanzenarten. An den Deponieböschungen wachsen Goldrute, Drüsiges Springkraut, Kleines Springkraut, Sommerflieder und Nachtkerzen.
Die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis, Fam. Korbblütler) stammt aus Nordamerika. Durch ihre enorme Wuchskraft gefährdet sie heimische Pflanzen- und Tierarten und gilt als eine der problematischsten Neophyten.
In den nächsten Jahren wird sich die Goldrute auf der Harterhof-Deponie stark ausbreiten. Bereits jetz nimmt sie im älteren, nördlichen Teil der Böschen große Flächen ein. Auf längere Sicht werden sich die gepflanzten Bäume durchsetzen und durch Beschattung die Goldrute wieder weitgehend verdrängen. Letztenendes wird ein Wald entstehen.
Das Kleines Spingkraut (Impatiens parviflora, Fam. Springkrautgewächse) stammt aus Nord- und Zentralasien. Neben Ruderalstandorten besiedelt es auch Waldränder.
Im Gegensatz zum Drüsigen Springkraut ist der negative Einfluss auf die Zusammensetzung heimischer Pflanzengesellschaften gering, eine Bekämpfung daher nicht erforderlich.
Im Gegensatz zum Drüsigen Springkraut ist der negative Einfluss auf die Zusammensetzung heimischer Pflanzengesellschaften gering, eine Bekämpfung daher nicht erforderlich.
Ursprünglich
als Zierpflanze von Nordamerika eingeführt und später als Nutzpflanze
kultiviert (Blätter und Wurzeln sind essbar, das Öl der Samen wird u.a. zur
Herstellung von Hautcremen verwendet), verwildert die Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis, Fam. Nachkerzengewächse) sehr schnell und hybridisiert
mit verwandten Nachtkerzenarten. Die über 1 m hohe Pflanze entwickelt nacheinander über 100 Blüten, die jeweils am
Abend aufblühen und am nächsten Vormittag wieder verwelken. Nach anfänglicher
Dominanz auf frisch aufgeschütteten Böden wird die Nachtkerze nach einigen
Jahren von ausdauernden Pflanzen wieder verdrängt.